Was macht ein gutes Nähmaschinen-Garn aus: High-Tec Nähgarne contra Billig-Nähgarn
Auf den Stoffmärkten und manchmal auch im Supermarkt gibt es billiges Nähmaschinengarn, Nähgarn-Sets mit vielen Farben, so dass man schon mal seinen Grundbedarf abdecken kann. Denkt man. Doch die Ernüchterung kommt, wenn der Faden auf der Nähmaschine nicht richtig läuft, immer wieder reißt oder spätestens die Naht nicht lange hält, beim Waschen kräuselt oder sogar beim Bügeln schmilzt.
Was ist der Vorteil von Qualitätsnähgarn, warum genügt nicht auch ein günstiges Nähmaschinengarn? Was ist der Unterschied zwischen Nähgarn und Overlockgarn und warum gibt es so unterschiedliche Overlockgarne? Und wofür braucht man auch noch Heftgarn oder Transparentgarn, Sternzwirn oder elastischen Faden? Diese Fragen will ich hier beantworten.
Nähgarne für die Nähmaschine müssen sehr unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden. Sie sollen dünn und trotzdem reißfest, strapazierfähig sein, lichtecht, und nicht brüchig werden. Overlockgarne müssen nicht so reißfest sein, da eine Overlocknaht aufgrund ihrer Schlingenstruktur auch hält, wenn das Garn von einfacher Qualität ist. Es soll aber am Ende gut verknoten und sich nicht wieder lösen. Bei sehr dünnen Stoffen soll es aber vor allem dünn und nicht auftragend sein. Da ein Garn nicht alle Anforderungen erfüllen kann muss man verschiedene für die speziellen Einsatzbereiche nehmen. Hier eine kleine Darstellung der unterschiedlichen Garne.
Nähgarn
Ein Nähgarn, das sehr dünn und trotzdem reißfest, strapazierfähig, lichtecht, nicht brüchig ist, das klingt nach eierlegender Wollmilchsau. Doch genau das hat die Industrie schon geschafft.
Mit einem High-Tec-Garn, das zweiteilig aufgebaut ist, innen aus aus einem stabilen und sehr reißfesten Endlosfilament (Faden) aus Polyester besteht und außen von einem kurzstapeligen Polyester-Garn ummantelt wird. Dadurch wirkt es „baumwollig“, d.h. es lässt sich leicht verknoten und glänzt nicht auf dem Stoff. Es hat also die Vorteile des Baumwollgarnes, stumpf wie dieses auszusehen, ohne dessen Nachteile: mit der Zeit brüchig und nicht lichtecht zu sein. Und durch das Endlosfilament im Inneren ist es sehr viel reißfester, als Garn, das nur aus kurzstapeligen Fasern besteht.
Bei hochwertigem Polyestergarn ist auch nicht zu befürchten, dass es bei hohen Temperaturen schmilzt. Epic von Coats ist ein solches High-Tec-Garn. Nähgarn Epic von Coats, 1000m, No 120 ist der Alleskönner: ein sehr dünnes Nähgarn, das auch für feine Stoffe verwendet werden kann ohne aufzutragen, zudem:
- sehr reißfest,hält auch in problematischen Bereichen, wie im Schritt bei der Hose
- lichtecht,verfärbt sich nicht, verblasst nicht mit der Zeit und wenn es in der Sonne liegt
- temperaturresistent, das heißt man kann auch heiß drüber bügeln, ohne dass es schmilzt
- trotz weltweit führender Marke in Deutschland weniger bekannt, dadurch sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis möglich
Wie erkenne ich nun aber ein gutes Nähgarn?
Natürlich kann man einem Markennähgarn vertrauen, wie Gütermann, Amann oder Epic von Coats. Hat man aber ein unbekanntes Garn vor sich und kann mit dem Namen nichts anfangen oder es steht gar keiner drauf, hilft nur eines, selber testen:
- Das Wichtigste: eine Reißprobe machen. Ein etwa 30-40 cm langes Stück des Garnes aufrollen, um die Finger wickeln und reißen. Wenn es leicht reißt. sollte man es nicht nehmen. Der Ärger ist vorprogrammiert.
- Feinheit: hat es den Reißtest bestanden und sieht auch noch dünn und fein aus, wird es später bei der Naht nicht unangenehm dick auftragen.
- erkundigen, ob es ein Baumwoll- oder Polyestergarn ist. Polyestergarn vorziehen, da Baumwollgarne mit der Zeit brüchig werden.
Jeansgarn ist ein dickeres und stabileres Nähgarn als das Allround 120er Garn. Dadurch ist es zum Absteppen von dickeren, dekorativen Nähten, wie bei dem Saum oder der seitlichen Kappnaht von Jeans gut geeignet. Manchmal wird es zur Stabilisierung auch in der Schrittnaht einer Hose eingesetzt, ein gutes 120er oder 100er Garn reicht aber hierfür aus. Jeansgarn hat i.allg. die Stärke No 50 oder 60. Nähgarn wird mit abnehmender Zahl dicker und kräftiger. So ist das Ledergarn, das die Stärke von 40, 30 oder sogar 20 hat, ein noch dickeres und stabileres Garn. Auch dieses ist gut für Kappnähte und sonst dekorative Nähte, etwa an Taschen und Säumen grober Hosen geeignet, aber auch für Leder, Kunstleder und Schusterarbeiten. Ledergarn wird auch oft als Knopflochgarn eingesetzt, da dieses dicke Garn schön den Einschnitt des Knopflochs abdeckt, so dass es nicht ausfranst.
Overlockgarn
Overlockgarn nimmt man zum Versäubern, auch Ketteln genannt, stark ausfransender Stoffe, da diese sonst nach einigem Tragen oder Waschen bis in die Naht hinein ausfransen und dann als Löcher in den Nähten sichtbar sind. Overlockgarn ist ein einfach aufgebautes, preiswertes wenn auch nicht sehr reißfestes Garn. Einfach aufgebaut heißt, dass es nur aus kurzstapeligen Fasern besteht und kein Endlosfilament als Kern zur Stabilisierung hat. Trotzdem kann man mit Overlockgarn auch Nähte schließen, das heißt man kann mit einer Overlocknaht elastische Stoffe zusammen nähen, wie etwa Jersey- oder Jogging-/Sweatshirt-Stoffe, da aufgrund der Schlaufenbildung die Schließnähte so dehnbar sind, das auch ein wenig reißfestes Garn nicht so überdehnt wird bis es reißt.
Die große Schlaufenbildung verbraucht natürlich auch viel Garn. Zum Versäubern oder nähen mit 3 Konen braucht man 18x die Nahtlänge , es kommt hier viel zusammen, so dass es sich lohnen kann, nicht mit hochwertigem Nähgarn zu ketteln sondern günstiges Overlockgarn zu nehmen.
Bauschgarn
Bauschgarn ist ein texturiertes (überdrehtes) Garn, das dadurch sehr dehnbar ist und damit für dehnbare Overlocknähte gut geeignet. Es springt voluminös in mehrere Fäden auseinander und deckt daher die Naht beim Versäubern gut ab, ist daher für stark fransende Stoffe sehr zu empfehlen. Aber: nicht jede Nähmaschine kommt gut mit dem (sehr preisgünstigen) Bauschgarn zurecht. Deshalb empfiehlt es sich erst mal auf den beiden Unterfäden zu testen wie die Overlockmaschine damit zurecht kommt. Für den Nadelfaden ist ein normales, nicht texturiertes Garn meist besser geeignet, als ein Bauschgarn, da dieses sich leicht in der Nadel verfangen kann.
Blindstich-Overlockgarn
Zum Versäubern, Ketteln, Rohnähen, Abkurbeln, Overlocken von dünnen Stoffen empfiehlt sich dieses besonders dünne Garn ebenso wie für professionelle Blindstichmaschinen. Da es aus einem Polyester-Endlosfaden besteht ist es recht reißfest und eignet sich auch zum Nähen von dehnbaren Stoffen.
Es muss jedoch beachtet werden, dass ein solches Garn aufgrund seiner sehr glatten Oberfläche sich nicht so gut verknoten lässt und man daher das Ende sehr sorgfältig sichern muss, damit die Naht nicht aufgeht.
Transparentes Overlockgarn extra fein
Transparentes Overlockgarn wird verwendet, wenn viele verschiedene Farben des Obermaterials bedient werden sollen.
Auch beim Transparent-Garn gibt es große Qualitäts-Unterschiede. Wenn es zu steif und wenig biegsam ist, hat man nachher eine borstige starre Naht, die das Kleidungsstück in der Form verändert.
Außerdem stehen die verknoteten Enden kratzig ab und wirken unangenehm beim Tragen. Ein gutes professionelles Transparent-Overlockgarn ist sehr dünn und sehr fein und passt sich daher der Naht
gut an, ohne sie zu versteifen. Das gibt es aber meist nur in großen Aufmachungen von über 10.000m. Diese passen zwar auch auf herkömmliche Haushalts-Nähmaschinen, trotzdem schrecken viele Anwender
aufgrund der Größe der Konen ab. Zu Unrecht, weil man sich so viele Farben von Versäuberungsgarn sparen kann.