Romanit-Kleid mit Tulpenrock
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Dieses Kleid ist der echte Schlankmacher. Nicht nur, dass sich Romanit-Jersey hervorragend als miederähnlicher Stoff für eine schlanke Taille einsetzen lässt, die in Falten gelegte Weite unterhalb des Taillenbundes umspielt leicht Bauch- und Hüftpartie und verdeckt alle Problemzonen. Zudem ist es relativ leicht zu konstruieren und zu nähen, da keine Abnäher notwendig sind, die Falten des Brustbereichs werden einfach mit dem Taillenbund eingehalten. Zudem ist der Romanit-Jersey mit hohem Viskose-Anteil, der hier verwendet wird, recht atmungsaktiv, so dass man nicht darin schwitzt und er pillt auch nicht so wie der mit hohem Polyesteranteil. So ein ärmelloses Kleid hat aber noch zusätzlich den Vorteil, dass man es nicht so oft waschen muss, da wechselnde T-Shirts darunter getragen werden können.
Ich habe das Kleid nochmals für eine Freundin in kittgrau genäht und hier aufgezeichnet, wie ich den Schnitt entwickelt und es genäht habe. Wer aber gleich das fertige Schnittmuster kaufen möchte, findet es in unserem Online-Shop unter dem Namen Shape zum Download.
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Rock
Für den Rock wird der Rockteil des Kleider-Grundschnittes genommen, dessen Konstruktion dort beschrieben ist
und durch Falten erweitert. Auf einem neuen Papier werden dafür die Falten für den Rock, wie gewünscht, gelegt und anschließend der Rockschnitt darauf gelegt.
Der Rock kann auch nochmals extra konstruiert werden, was ich hier für eine andere Größe mache (mein blaues Kleid soll für eine Freundin in grau nachgeschneidert werden):
Taille 86cm
Hüfte 108 cm
Rocklänge 58
Sitzhöhe 26 cm
je 1/4 Taillen- und Hüftweite +1 cm auf dem Papier abtragen, dabei die Sitzhöhe beachten, es ist der Abstand zwischen Taille und breitester Stelle der Hüfte. Dann bei der Rocklänge die Saumlinie unten abtragen
Taille 22,5 cm
Hüfte 24 cm
Saumlinie 24 cm
Beim Verbinden der Seitennaht-Linie erhöhe ich die Taille etwas, um einen rechten Winkel in der Ecke Seite/Taille zu erhalten.
Beim Tulpenrock soll die Rockweite unten etwas enger sein (hier 2,5 cm), damit die Tulpenform gut zur Geltung kommt. Damit die schräge Seitennaht nicht unten am Saum zu unschönen Ecken führt, wird die Saumlinie ebenfalls an der Ecke zur Seitenlinie nach außen gerundet, so dass wieder eine rechtwinklige Ecke zwischen Seite und Saum entsteht.
Dann wird ein neues Schnittmusterpapier genommen. Den Rockschnitt drauflegen und ungefähr festhalten, wo er nachher verlaufen wird.
Jetzt wird auf dem neuen Schnittmusterpapier dort, wo die Falten liegen sollen, im Abstand von je 5-6 cm 3 Falten von 1 cm Tiefe in das Papier gefaltet, nach unten auslaufend. Der Stoffverbrauch pro Falte ist dann oben jeweils 2 cm.
Die Falten jeweils mit 1 Stecknadel zusammenstecken, damit sie sich nicht öffnen. Jetzt kann der enge Rockschnitt aufgelegt und auf dem neuen Schnittpapier mit Falten abgezeichnet werden. An der Vorderen Mitte (VM) wölbt sich jetzt zwar das Papier etwas, durch das zusätzliche Volumen, das wir aber brauchen und deshalb stehen lassen. Die Linie wird wieder gerade, sobald die Falten geöffnet sind.
Wenn man jetzt den engen Schnitt wegnimmt und die Falten öffnet bemerkt man Sprünge in der Taillenlinie, die durch die Falten entstanden sind. Hier darf die Linie keinesfalls ausgeglichen werden, sonst fehlt der Stoff nachher beim Nähen.
Also: wieder die Falten zusammenlegen und die Taillenlinie in der gezeichneten Rundung schneiden.
Öffnet man die Falten nach dem Zuschnitt der Taillenlinie, so sieht man, dass hier schöne Zugaben für die Falten entstanden sind.
Für das Rückenteil wird der enge Rockschnitt verwendet.
Oberteil
Oberweite: 91 cm
Taille 86 cm
Da die Oberweite meinem Kleidergrundschnitt mit 91 cm entspricht, kann ich diesen nehmen, s.o. Hier sind schon 4 cm zusätzliche Weite an Brust, Taille und Hüfte eingearbeitet.Die Taille hier hat jedoch 6 cm mehr, so dass ich im Schnittteil 1,5 cm zugebe. Die Taille ist mit 47 cm 3 cm länger als am Schnitt, so dass ich sie 3 cm weiter unten einzeichne.
Der Halsausschnitt soll nicht U-Boot-mäßig weit werden, sondern normal weit. Es werden daher zum Hals hin 3 cm zugegeben.
Die Ärmelausschnitte sind auch normal, nicht zu eng und nicht zu weit, so dass man noch ein Shirt unter dem ärmellosen Kleid tragen kann, sie bleiben so. Allerdings wird für eine abgesetzte, etwas gepolsterte Armlochpartie diese noch 0,5 cm an der Schulter erweitert, damit sie schön übersteht und der abgesetzte Ärmel-Ausschnittbeleg wie folgt angezeichnet: 5 cm Breite oben an der Schulter und 2 cm unten am Armloch.
Bei der Dehnbarkeit des Romanit-Jersey können Vorder- und Rückenteil gleich breit sein. Es genügt daher, nur zusätzlich den vorderen Halsausschnitt vom Grundschnitt abzuzeichnen und ihn auf dieses Schnittmuster zu übertragen, wo er dann noch enger angepasst wird, wie der rückwärtige Ausschnitt.
Für die Taillenpasse schneide ich unten am Schnitt 10 cm ab. Aufgrund des geringen Unterschiedes zwischen Oberweite und Taille (beim Schnitt nur 1 cm) muss hier das Oberteil so erweitert werden, dass noch Spielraum für den aufspringenden Brustabnäher entsteht. Ich erweitere daher den oberen Teil des Schnittes in der Seite um 0,7 cm und schneide den Miederbund 0,7 cm enger. Der Romanit-Jersey ist mit dem Elasthan-Anteil genügend dehnfähig, dass man sich dadurch nicht eingeengt fühlt.
Jetzt wird an der VM (Vordere Mitte) noch die Öffnung erstellt, ein Spalt, der oben 2 cm breit ist (pro Seite) und unten auf ca 2,5 cm Höhe ausläuft, so dass das Vorderteil unten geschlossen ist. Das Oberteil kann in der VM natürlich auch durchgeschnitten und nur unten, mit Nahtzugabe, zusammengenäht werden. Ich finde es grds. schöner, wenn es unten keine Naht hat, aber mit der Naht besteht die Möglichkeit, es hier enger oder weiter zu machen, nach Bedarf.
Zuschnitt
1,50 m Romanit Jersey bei Gr. 38,
bei Gr 40-42 kann die Passe nicht mehr neben Rock und Oberteilen geschnitten werden, daher 1,70 m
0,30 m Volumenvlies /Polyester-Watte
das Vorderteil wird gedoppelt, daher muss das Schnittmuster (1/2 Vorderteil) 4x zugeschnitten werden. Ich zeichne die Nahtzugaben mit seitlich 2 cm an, bei den Rundungen mit 1 cm. Dadurch kann das Oberteil auch mal weiter gemacht werden.
Das Rückenteil wird 2x zugeschnitten und dabei im Stoffbruch angelegt.
Ebenso wird das vordere und rückwärtige Rockteil 2x zugeschnitten, dabei an den Stoffbruch gelegt und auch die Taillenpasse.
Die Ärmelausschnittbelege werden 8x zugeschnitten: Vorder- und Rückenteile, rechte Seite und Belege. Die rechten Seiten sollten im Stoffbruch geschnitten werden, die Belege auf der linken Seite können auch in der Mitte zusammengenäht werden.
Die Mitte markiere ich – wie bei dem Rockteil und den Oberteilen übrigens auch – mit kleinen Zwicken, die ich mit der Schere herausschneide. So gelingt es nachher die Teile ordentlich mittig aufeinander zu stecken.
Dann wird noch das Polyesterwatte / Volumenvlies für die Ärmelausschnittbelege zugeschnitten und zusammen mit diesen wie eine Lage weiter verarbeitet.
Nähen
Die Falten werden sorgfältig gesteckt, so dass sie in schöner, paralleler Linie zueinander fallen.
Für eine erste Anprobe steppe ich die Falten am Rock durch, damit sie nicht aufgehen und hefte die Seitennähte mit dem längsten Stich, den die Nähmaschine zulässt. Ich finde eine Nähmaschine mit Heftstich sehr wichtig, meine Bernina hat das.
Dann wird die 2 cm kurze Naht in der VM (vorderen Mitte) vom Oberteil und dessen Beleg geschlossen. Dies geht entweder mit der Overlockmaschine oder mit leichtem, engen Zickzack-Stich. Da die Overlocknaht die Nahtzugabe abschneidet hat man dann hier keine Nachbesserungsmöglichkeiten.
Anschließend wird die Vorderpartie, incl. rundem Ausschnitt, rechts auf rechts mit dem Beleg bis zur Schulternaht durchgesteppt.
In der unteren Spitze wird die Nahtzugabe eingeschnitten, da sie sich dort auf die andere Seite legt und es nicht zu einem dicken Knubbel kommen soll. Ebenso wird die Ecke zwischen VM und Halsrundung weggeschnitten, damit sich nach dem Wenden nicht so viel Stoff dort knubbelt und nachher dick aufträgt. Dann wird das Oberteil auf rechts gedreht.
Die Schulternähte können nun geschlossen und werden. Die Nahtzugabe des Rückenteils steht 1 cm über, da sie ja noch nicht eingeschlagen und umgenäht ist, wie die des Vorderteils durch den Besatz. Sie wird deshalb um die Schulternaht gelegt und beim Schließen der Schulternaht gleich mit durchgesteppt.
So entsteht ein schöner gleichmäßiger Übergang zwischen Vorder- und Rückenteil. Die Nahtzugabe am rückwärtigen Halsausschnitt kann dann mit einer Zwillingsnadel umgesteppt werden.
Seitennähte schließen.
Die Armlochbesätze werden nun rechts auf rechts gelegt und darauf das Vlies. Die Innenkante durchsteppen und die rechte Seite nach außen drehen. Die Außenkante wird dann an das Armloch genäht.
Armlochbelege unten zusammennähen- Achtung, es entsteht ein Nahtverlauf mit einem Zacken, dem aber folgen und nicht abschneiden.
Dann in das Armloch rechts auf rechts einnähen.
Das Oberteil kann jetzt an die Taillenpasse genäht werden. Dabei die überschüssige Weite im Brustbereich in eine Falte legen, jeweils gleich weit von der Seitennaht entfernt, ca 9 cm oder weiter zur Mitte hin, so dass die Falte im Bereich der Brustspitze aufspringt.
Den Rock an das Oberteil mit Passe nähen, Saum mit Zwillingsnadel umsteppen wie am hinteren Halsbereich und fertig ist das Kleid.
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19 Gedanken zu „Tulpen-Mieder-Kleid“
Liebe Frau Schell,
zur Erinnerung: war am 17./18. Februar auf der Messe in HH-Schnelsen bei Ihnen am Stand und wurde durch den von Ihnen getragenen Tulpen-Rock angeregt diesen nachzunähen, besser gesagt nähen zu lassen. Habe 2x je einen Meter Romanit Jersey erstanden und die Stoffe (currygelb und mit Fischgratmuster) einer Schneidermeisterin übergeben. Sie kennt sich mit Blogs bisher nicht so aus.
Nach Telefonat mit Ihnen habe ich bei der Nähanleitung für das Tulpen-Mieder-Kleid hier im blog geschaut. Für einen Tulpenrock soll ich also die untere Hälfte des Schnittes benutzen. Das Taillenmieder dient als Bund, wird hälftig umgeschlagen; es ist kein Gummibund erforderlich, da der Stoff elastisch ist. Meine Frage(n): braucht es für den Rock nicht einen Reißverschluss in der Seitennaht? Taschen sind ja keine zu sehen und würden nur auftragen. Ist die eine große ‚Rundherum-Naht‘ über die 6 eingehaltenen Fältchen und das Rückteil so elastisch, dass der Rock zum Anziehen über die Hüften geht? Oder ziehe ich ihn über den Kopf an? Auch dann müsste ich mit der Schulterbreite der erhobenen Arme durchpassen. Ich befürchte, dass die Naht auf Dauer gesehen zuviel aushalten muss. – Bitte um Rückmeldung.
Der Schnitt scheint mir genial einfach zu sein, auch was das Oberteil betrifft. Die Bemerkung, dass man darunter ein Shirt tragen kann und das Kleid dann nicht so häufig gewaschen werden muss, passt genau zum Lagen-Look und zu einem gefüllten Terminkalender. – Vielen Dank dafür.
Beste Grüße, Ingrid Fabian
Liebe Frau Fabian,
nein, der Romanit-Jersey ist elastisch genug, so dass es keines Reißverschlusses bedarf. Zumindest hat bei mir die Naht noch nie geknackt und ich habe mehrere solcher Röcke und Kleider.
Wenn die Schneiderin die Naht mit einer Overlock-Maschine macht ist sie auf jeden Fall elastisch genug, dass der Rock über die Hüfte passt. Natürlich können Sie den Rock auch von oben anziehen, ich würde es davon abhängig machen, wo die geringere Breite ist: Brust oder Hüfte.
Ich freue mich, dass Ihnen der Schnitt zusagt und Sie die „Capsule-Wardrobe-Idee“ ebenso zu schätzen wissen wie ich. Viel Erfolg mit dem Rock 😉